Im Rahmen unserer kleinen Portrait-Reihe zum Thema Frauenrechte im Mittelmeerraum möchten wir heute eine Bewegung vorstellen, die vermutlich einen grossen Einfluss auf ganz Europa hatte – die Mouvement de libération des femmes (MLF).
Die Gründung der MLF war von der von Amerika ausgehenden Women’s Liberation Movement inspiriert, einer politischen Bewegung, die in den späten 1960er Jahren entstand und die gesamte westliche Welt beeinflusste.
Das genaue Gründungsdatum der MLF ist bis heute umstritten, klar ist jedoch, dass die Bewegung aus dem Zusammenschluss bereits bestehender feministischer Gruppierungen entstand. Im Gegensatz zu vorherigen Bewegungen, war die MLF von Anfang an eine reine Frauenbewegung, in der sich teils durchaus radikal denkende Feministinnen vereinten.
„Personal is political“, das war damals — wie heute! — das treibende Motto hinter den Aktionen und Forderungen der MLF in Frankreich, und ähnlichen Bewegungen in ganz Europa. Das Private, bis dahin als weiblicher Bereich definiert, wurde politisch und öffentlich. Dabei benutzte die MLF alle ihr möglichen Mittel um auf ihre Anliegen und Ansichten aufmerksam zu machen.
Der Paukenschlag, der sie dabei ins Rampenlicht der Öffentlichkeit brachte, war das Niederlegen eines Kranzes am Grab des unbekannten Soldaten zu Ehren der unbekannten Frau des unbekannten Soldaten. Sie unterstützten auch Demonstrationen und andere Aktionen, die auf Missstände aufmerksam machten, wie etwa die Hungerstreiks in zwei Heimen für minderjährige Schwangere und unverheiratete Mütter.
Daneben prangerte die MLF in verschiedenen Publikationen in damals verbreiteten links ausgerichteten Journalen und Zeitungen die Stellung der Frau in der französischen Gesellschaft heftig an und forderten die gleichen Rechte für Frau und Mann — vor allem auf ihren eigenen Körper.
Eins der Hauptanliegen der MLF war daher das Recht auf legale Abtreibungen sowie frei zugängliche und kostenlose Verhütungsmittel, das damals in Frankreich seit 1967 zwar legal, aber nicht so einfach erhältlich war. Grosse Aufmerksamkeit erhielten z.B. der Internationale Marsch der Frau in Paris 1971, der als ein „fröhliches Durcheinander“ beschrieben wurde, aber auch das „Manifest 343“ das ebenfalls 1971 im Magazin Le Nouvel Observateur veröffentlicht wurde und das Geständnis von 343 bekannten Frauen (wie Catherine Deneuve und Simone de Beauvoir) enthielt, eine Abtreibung durchgeführt zu haben. Besonders das Manifest löste in der Öffentlichkeit eine Debatte aus.
1972 fand schliesslich auch in der Politik ein Umdenken statt, ausgelöst durch den Prozess von Bobigny, bei dem die Anwältin und Aktivistin Gisèle Halimi ein junges Mädchen verteidigte, das nach einer Vergewaltigung abtreiben liess. 1974 entschied das französische Parlament, Abtreibungen zu entkriminalisieren, was 1975 auch in Kraft trat.
Die MLF hat mit ihren Aktionen ein tiefergehendes Umdenken in der französischen Öffentlichkeit ausgelöst, das zu einer gleichwertigeren Gesellschaft geführt hat. Aber es gibt immer noch genug zu tun.
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