Paseo | social eatery

Wissenswertes: Pastis - Aus der Not eine Tugend gemacht

Dieser Text wurde im Rahmen des Arbeitsintegrationsprogramms von Parterre Tangram von einer am Programm teilnehmenden Person recherchiert, verfasst und auf der Website publiziert.

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Anis-Getränke haben im gesamten Mittelmeerraum eine lange Tradition, denn Bestandteile der Pflanze wurden wohl schon seit der Antike als Heilmittel Getränken beigefügt, auch alkoholischen. Noch heute sind Getränke wie Ouzo, Raki, Sambuca, aber vor allem auch der Pastis bekannt und beliebt, wenn nicht sogar als Nationalgetränk angesehen.

Unter all den genannten Anis-Likören hat Pastis, so wie er auf der Getränkekarte des Paseo gefunden werden kann, die vermutlich jüngste Geschichte. Was seiner Beliebtheit in Frankreich aber keinen Abbruch tut.

Die Wurzeln des Pastis gehen auf die Belle Époque, zugleich eine Zeit des ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwungs und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, aber auch eine Zeit der Ausschweifungen auf den Boulevards der Metropolen. In den Pariser Lokalen dieser Zeit floss der Alkohol in Strömen, und gerade in Künstlerkreisen war insbesondere Absinth beliebt, ein anderer anis-haltiger Likör auf der Basis von Wermut.

Doch gerade der Konsum von Absinth war bei Konservativen und Prohibitionisten verpönt, weil er zur Lasterhaftigkeit verführe und seine Konsumenten abhängig machte. Und so wurden Anis-Liköre, aber besonders Absinth, um das Jahr 1915 im Grossteil Europas verboten.

Und hier kommt der Pastis ins Spiel.

Ab 1922 überarbeitete Frankreich sein Alkoholverbot – so erlaubte die Regierung erst einen maximalen Alkoholgehalt von 40%, später sogar 45%. Die Gruppe der anisierten Alkoholgetränke blieb weiterhin verboten, da man einen gesellschaftlichen Rückfall befürchtete mit einer erneuten Legalisierung von Absinth. Allerdings wurden einzelne Marken auf einer Fall-zu-Fall-Basis und strengen Regulationen für den Verkauf zugelassen.

Anisierte Alkoholgetränke waren aber trotz des Verbots weiterhin beliebt, gerade im Süden Frankreichs, an der Mittelmeerküste. Und so wurden gerade dort neue Liköre entwickelt und in Bars und von Weinhändlern verkauft.

So ist es nicht verwunderlich, dass es gerade ein Sohn eines in Marseille ansässigen Weinhändlers ist, Paul Ricard, der den Pastis entwickelt, in dem er Anis zusammen mit Süssholz destilliert und Zucker beigibt.

Trotz des immer noch bestehenden Verbots schafft es Ricard, seinen Anis-Likör an den Mann zu bringen. Ricard wird dafür immer wieder mit Geldbussen durch die Polizei und Zollbehörden belegt, aber er lässt sich nicht beirren. Nach intensivem Lobbying schafft Ricard es 1932 schliesslich, für sein Rezept eine Lizenz zur Produktion und Verkauf zu erhalten – allerdings mit der Klausel, dass er nach 3 Jahren sein Rezept freigeben muss für andere. Basierend auf dem Provenzalischen „pastisson“ (dt. „Mischung, Mixtur“), nennt Ricard sein Getränk „Pastis“. Es wird ein grosser Erfolg.

Wie bereits erwähnt, ist Anis schon seit der Antike als Heilmittel bekannt, vor allem wegen seiner krampflösenden und blähungstreibender Wirkung bei Magen-Darm-Beschwerden. So nahmen die alten Römer Anis gerne in Form kleiner Gewürzkuchen zu sich – wohl ähnlich der heute noch verbreiteten Magenbrote.

Im gesamten Mittelmeerraum sind anisierte Alkoholgetränke beliebt, so etwa entwickelte sich aus dem osmanischen Raki einerseits der heute in der Türkei beliebte Raki, während sich in Griechenland nach der Unabhängigkeit daraus der heutige Ouzo entwickelte. Darüber hinaus wird heute noch im gesamten Nahen Osten Arak getrunken, eine weitere Form, die sich aus dem osmanischen Rakı entwickelte.

In den verschiedenen Kulturregionen haben sich allerdings auch unterschiedliche Trinkkulturen entwickelt was anis-haltige Getränke angeht. So werden diese in Europa meist entweder vor dem Essen als Aperitif (z.B. Pastis) oder nach dem Essen als Digestif (z.B. Sambuca) getrunken. Im Nahen Osten dagegen wird der Rakı oder Ouzo während des Essens genossen, oft zwischen den Happen einer Meze-Platte.


Quellen:

LaMaisonDuPastis.com


26.05.2021

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